Zwangsversteigerung – Schnäppchen oder Falle?

Es gibt viele Wege zur eigenen Immobilie. Eine der exotischeren Möglichkeiten ist der Erwerb eines Hauses oder einer Wohnung bei einer Zwangsversteigerung. Im Jahr 2020 wurde für 14.853 Immobilien ein Zwangsversteigerungsverfahren eröffnet, wie der Fachverlag Argetra recherchiert hat.

Vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser wurden zwangsversteigert, gefolgt von Eigentumswohnungen und Grundstücken. Wir klären, wie eine Zwangsversteigerung abläuft und ob Sie dort wirklich eine Immobilie zum Schnäppchenpreis ergattern können.

 

Zwangsversteigerung von Immobilien: Was ist das?

Wenn es um Versteigerungen geht, denken die meisten wohl an eBay. Doch eine Zwangsversteigerung unterscheidet sich von einer üblichen eBay-Auktion - und das hat mit dem Wort "Zwang" zu tun.

Wenn Sie für den Erwerb einer Immobilie eine Baufinanzierung aufnehmen, fallen in der Folge monatliche Raten an. Wenn Sie diese nicht erbringen können, kann Ihre Bank nach erfolglosen Mahnverfahren die Zwangsversteigerung beantragen, um damit Ihre Restschuld durch den Erlös zu tilgen. Laut den Zahlen von Argetra waren im ersten Halbjahr 2021 etwa 15 von 100.000 Haushalten von Zwangsversteigerungen betroffen.

Immer öfter werden Immobilien auch zwecks Aufhebung einer Gemeinschaft zwangsversteigert. Das ist der Fall, wenn sich geschiedene Eheleute oder Erbende nicht einigen können, was sie mit einer Immobilie machen wollen. Das nennt man dann Teilungsversteigerung. Gemessen an den Verkehrswerten machen sie laut Argetra schon einen Anteil von 42 Prozent aus.

Allerdings endet nur etwa die Hälfte aller eröffneten Zwangsversteigerungsverfahren vor Gericht. Die anderen Immobilien werden schon vorher verkauft.

Wie erfahre ich von Zwangsversteigerungen?

Zwangsversteigerungen finden an den Amtsgerichten statt. Der Versteigerungstermin wird spätestens sechs Wochen im Voraus bekannt gegeben. Er wird im Amtsblatt veröffentlicht oder durch Aushänge im Gericht und Bekanntmachungen in Zeitungen. Es gibt auch diverse Internetportale, teilweise kostenpflichtig, die die Versteigerungstermine veröffentlichen. Zum Beispiel:

  • zvg-portal.de
  • zvg.com
  • versteigerungspool.de
  • hanmark.de
  • zwangsversteigerungen-brd.de
  • zwangsversteigerung.de (ab 19,95 Euro)
  • argetra.de (Versteigerungskalender, ab 99 Euro für 3 Monate)

 

Der größte Fehler bei einer Zwangsversteigerung: Die Katze im Sack kaufen

Es ist verlockend, eine Immobilie zum Schnäppchenpreis zu ersteigern. Trotzdem raten wir Ihnen dringend davon ab, sofort zur nächsten Zwangsversteigerung zu gehen und auf ein Haus oder eine Wohnung zu bieten.

Der größte Fehler beim Immobilienkauf im Rahmen einer Zwangsversteigerung ist, nicht genügend Informationen über die Immobilie gesammelt zu haben. Dann kann sich das vermeintliche Schnäppchen schnell als Kostenfalle entpuppen.

Wenn Sie eine Immobilie bei einer Zwangsversteigerung erwerben, übernimmt niemand die Haftung für etwaige Mängel und es gibt keine Gewährleistung. Ein Rücktritt vom Kauf ist ebenfalls nicht möglich.

Sich vorab zu informieren, ist demnach sehr wichtig. Viele Interessierte informieren sich nur über das Verkehrswertgutachten und das birgt Risiken, denn es gibt keine zuverlässige Auskunft über den tatsächlichen Wert und Zustand der Immobilie. Für das Gutachten wird die Immobilie oft nicht von innen besichtigt. Die vorgelegten Verkehrswertgutachten sind zudem nicht immer aktuell. Bis eine Immobilie versteigert wird, können bis zu zwei Jahre vergehen.

 

Checkliste: Diese Informationen sollten Sie vor der Zwangsversteigerung einholen

Damit Sie nichts übersehen, sollten Sie auf folgenden Wegen Informationen einholen, bevor Sie bei einer Zwangsversteigerung auf ein Objekt bieten.

  1. Immobilie besichtigen: Schauen Sie sich die zu versteigernde Immobilie persönlich an, möglichst auch von innen und idealerweise in Begleitung einer Expertin oder einem Experten. Eine Innenbesichtigung der Immobilie ist allerdings nicht immer möglich. Die Personen, die ihr Zuhause zwangsläufig aufgeben müssen, sind nicht verpflichtet und oft auch nicht dazu bereit, Kaufinteressierte hereinzulassen. Mit Unterstützung von Bausachverständigen kann jedoch auch von außen einiges zum Zustand der Immobilie erkannt werden. Hier stehen Ihnen unsere Bauexperts über unsere PIA Plattform zur Verfügung.
  2. Nachbarn befragen: Sprechen Sie mit Personen im direkten Umfeld. Diese wissen vielleicht etwas über den Zustand der Immobilie oder auch über Baulasten. Sie können Ihnen vielleicht auch darüber hinaus nützliche Hinweise rund um die Immobilie geben.
  3. Bauaufsichtsamt kontaktieren: Dort können Sie etwas über die Erschließungskosten oder Baulasten erfahren, die auf dem Grundstück liegen.
  4. Grundbuchauszug einsehen: Besonders wichtig ist der Blick in den Grundbuchauszug. Er ist in der Regel in der Versteigerungsakte beim zuständigen Amtsgericht enthalten. Daraus geht hervor, ob die Nutzung der Immobilie uneingeschränkt möglich ist oder ob Sie andere Lasten wie beispielsweise ein lebenslanges Wohnrecht übernehmen müssten.
  5. Verkehrswert-Gutachten studieren: Studieren Sie das Verkehrswert-Gutachten und achten Sie dabei unbedingt darauf, ob die Immobilie auch von innen besichtigt werden konnte. Schauen Sie sich auch an, wie aktuell das Gutachten ist. Sie können den dort festgestellten Verkehrswert natürlich mit unserer kostenlosen Online-Immobilienbewertung über unsere PIA Plattform abgleichen.

So läuft eine Zwangsversteigerung ab

Um sich mit dem Prozedere einer Zwangsversteigerung vertraut zu machen, ist es ratsam, mehrere solcher Versteigerungen zu besuchen, bevor Sie ein Gebot abgeben.

Generell besteht der Ablauf aus drei Teilen:

Eröffnung

Zu Beginn werden alle Informationen zur Immobilie verlesen. Der festgesetzte Verkehrswert und eventuelle Belastungen laut Grundbuch werden genannt, die Gläubigerinnen und Gläubiger sowie ihre Ansprüche und die Versteigerungsbedingungen werden erläutert. Anschließend wird das Mindestgebot festgelegt, welches nicht unterschritten werden darf.

Bieter-Stunde

Es folgt die eigentliche Versteigerung. Wer auf die Immobilie bieten will, muss volljährig sein und einen gültigen Personalausweis besitzen. Außerdem müssen zehn Prozent des Verkehrswertes in Form eines Schecks oder einer Bankbürgschaft als Sicherheit hinterlegt werden.

Gerne stellt die PSD Bank Rhein-Ruhr eG nach Prüfung hierfür einen bestätigten Bundesbankscheck zur Verfügung. Bieterinnen und Bieter können mindestens 30 Minuten lang Gebote abgeben. Ist das letzte Gebot ergangen, wird die Auktion geschlossen.

Verhandlung über den Zuschlag

Jetzt wird über den Zuschlag verhandelt. Dabei gibt es die 5/10-Grenze. Diese besagt, dass das höchste abgegebene Gebot einschließlich der zu übernehmenden Rechte in der Bieterstunde mindestens 50% des Verkehrswerts erreichen muss. Ist dies nicht der Fall, wird der Zuschlag nicht erteilt.

Darüber greift die 7/10-Grenze. Alle Gläubigerinnen und Gläubiger haben das Recht, einen Antrag auf Verweigerung des Zuschlags zu stellen, wenn das höchste Gebot niedriger als 70% des Immobilienwerts beträgt. Wird der Zuschlag auf Basis einer dieser Grenzen verweigert, wird eine zweite Versteigerung angesetzt.

Die beschriebenen Grenzen gelten im zweiten Versteigerungstermin nicht mehr. Haben Sie den Zuschlag erhalten, sind Sie sofort Eigentümer oder Eigentümerin der Immobilie – mit allen Rechten und Pflichten. Der Zuschlag ist zugleich auch der Räumungstitel, sofern die Immobilie durch Schuldnerin oder Schuldner selbst bewohnt wird. Ist die ersteigerte Immobilie dagegen vermietet, bleibt das Mietverhältnis bestehen. Sie können es nur durch eine Eigenbedarfskündigung beenden.

Das kostet Sie der Immobilienkauf per Zwangsversteigerung

Wenn Sie den Zuschlag bekommen, dann kostet Sie die Immobilie Ihr Höchstgebot plus den Barwert.

 

Der Vorteil eines Hauskaufs über eine Zwangsversteigerung ist, dass keine Makler- und Notarkosten anfallen. Allerdings wird für den Zuschlag eine Gerichtsgebühr fällig. Diese richtet sich danach, wie hoch das Höchstgebot ist. Sie ist etwas niedriger als die bei einem normalen Kauf fällige Notargebühr von etwa einem Prozent des Kaufpreises.

Bis zum Verteilungstermin werden vier Prozent Zinsen berechnet, falls Sie nicht gleich die volle Kaufsumme an die Gerichtskasse überweisen.

Die Eintragungen ins Grundbuch und die Grunderwerbsteuer zwischen 3,5 und 6,5% fallen wie bei jedem anderen Immobilienkauf an.

Lohnt sich der Immobilienkauf auf einer Zwangsversteigerung?

Attraktiv an Zwangsversteigerungen ist zweifellos der niedrige Kaufpreis, den sie mitunter realisieren können. Er liegt meist deutlich unter dem geschätzten Verkehrswert.

Außerdem entfallen beim Kauf durch eine Auktion die Kosten für das Gutachten, da dieses bereits vor der Versteigerung vom Amtsgericht beauftragt wird. Die relativ geringen Kaufnebenkosten und der Traum vom Schnäppchen haben den Markt verändert. Die Nachfrage nach zwangsversteigerten Immobilien ist gestiegen.

Deshalb kam es zu einer Professionalisierung. Die Folge: Die Transparenz, wo welche Immobilien zwangsversteigert werden, ist so groß wie nie. Damit aber sinkt letztlich die Chance auf das große Schnäppchen. Und gleichzeitig steigt auch die Chance, dass Sie einem schlechten Angebot aufsitzen.

Gerade in Ballungszentren sind bei Zwangsversteigerungen keine Schnäppchen zu erwarten. Wer hier auf die Suche nach Zwangsversteigerungen geht, sollte besonders aufpassen. Heute muss man als interessierte Person mehr Zeit und Geld investieren, um bei einer Zwangsversteigerung einen guten Kauf zu tätigen.

Der Weg zum Schnäppchen ist mit Chancen und Risiken verbunden. In jedem Fall sollten Sie die Finanzierung durch eine Beratung bei der PSD Bank Rhein-Ruhr eG vor der Auktion klären und einen ausreichenden finanziellen Puffer einplanen.